„Wer sich seiner Vergangenheit nicht erinnert, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.“

Exkursion zur KZ-Gedenkstätte Gusen

Die Schülerinnen und Schüler der 4. Jahrgänge besuchten Mitte Juni die KZ-Gedenkstätte Gusen – das „unsichtbare Lager“.

Aufgrund der Corona-Pandemie war es nahezu bis zum Schuljahresende unsicher, ob schulische Exkursionen und Lehrausgänge in gewohnter Art und Weise stattfinden können. Die Höhere Landwirtschaftliche Bundeslehranstalt St. Florian nutzte die Chance und die 4. Jahrgänge begaben sich Mitte Juni im Unterrichtsfach Geschichte und Politische Bildung auf Exkursion nach Gusen, um das „unsichtbare Lager“, die KZ-Gedenkstätte Gusen, zu besuchen.

Das Konzentrationslager Gusen – Zweig- bzw. Nebenlager des Konzentrations- und Vernichtungslagers Mauthausen – umfasste insgesamt drei unterschiedliche Häftlingslager in Oberösterreich östlich von Linz in der Zeit des Nationalsozialismus. Der Lageraufbau begann im Dezember 1939 und das Konzentrationslager wurde am 5. Mai 1945 von US-Soldaten befreit. Die „Bilanz“ des fünfjährigen Bestehens zeigt ein grausames Bild: Insgesamt wurden ca. 60.000 bis 70.000 Häftlinge aus ganz Europa in das Lagersystem Gusen eingewiesen, die Hälfte davon, ca. 35.000, sind aufgrund von Lebensbedingungen und der schweren Arbeit in den Steinbrüchen und der Rüstungsindustrie gestorben und ermordet worden. In Gusen befand sich beispielsweise der geheime NS-Stollen „Bergkristall“, in welchem Bauteile für Düsenflieger unter unmenschlichen und grausamen Bedingungen gefertigt wurden.

Heutzutage wird mit der Gedenkstätte Gusen auch der Begriff „das unsichtbare Lager“ verbunden. Dies liegt vor allem an der Tatsache, da vom ehemaligen Lager nur mehr Bruchstücke erkennbar sind. Der Großteil des Areals wurde nach der Befreiung verkauft und es entstand daraufhin eine Wohnsiedlung. Besucherinnen und Besucher, welche sich heutzutage auf die Spurensuche nach dem „unsichtbaren Lager“ begeben, absolvieren dies beispielsweise in Form des „Audioweges Gusen“. Dies ist ein Kunstprojekt über den Umgang mit Erinnerung und das Leben auf dem Areal der ehemaligen Konzentrationslager Gusen I und II und gibt Raum für die Erfahrung radikaler „Unstimmigkeit“, die Auseinandersetzung mit den gegensätzlichen Identitäten dieses Ortes, mit dem Vergessen – und mit dem eigenen Selbst.

Mithilfe von Kopfhörern und Audiogeräten wurden die Lernenden durch eine beschauliche Wohn- und Erholungslandschaft geführt, die nichts von ihrer furchtbaren Vergangenheit erahnen lässt. Die ca. 90-minütige Audiocollage aus Klängen und Stimmen schafft einen virtuellen Raum im Kopf der Gehenden, in dem die Diskrepanz von Gesehenem und Gehörtem spürbar wird. Die Schülerinnen und Schüler hörten hierbei Originalaufnahmen mit persönlichen Erinnerungen von Überlebenden der Lager, Zeitzeuginnen und Zeitzeugen aus der regionalen Bevölkerung sowie die Ansichten der heutigen Bewohnerinnen und Bewohner Gusens. Die Lernenden hören, was nicht mehr zu sehen ist, sehen, was gegenwärtig ist und die Menschen erzählen, was ansonsten unausgesprochen bleiben würde.

NS-Gedenkstätten und Gedächtnisorte an die NS-Zeit im Allgemeinen finden sich in allen Bundesländern. Sie sind wichtige Orte für die Erinnerung an das Leiden und Sterben so vieler Menschen und zugleich Herausforderung für das Verstehen: Wie konnte es geschehen bzw. wie konnte eine Gesellschaft bereit sein, diese Verbrechen zu begehen und zu unterstützen?

„Wer sich seiner Vergangenheit nicht erinnert, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.“ (George Santayana)

Veröffentlicht am 29.06.2021